Jamie Gittens: Borussia Dortmunds neues englisches Wunderkind mit einem geschätzten Wert von 100 Millionen Euro

Am 30. November gelang Jamie Gittens im Westfalenstadion etwas, was seit acht Wochen keinem Spieler mehr gelungen war: Er erzielte ein Tor gegen Bayern München. Die Bedeutung seines Tores lag jedoch nicht nur darin, dass er die Abwehr der Bayern durchbrach, sondern auch in der Art und Weise, wie er es tat.

Gittens ließ Konrad Laimer im Schatten jagen, ohne den Ball auch nur zu berühren. Der 20-Jährige ließ einen scheinbar harmlosen Pass von Nico Schlotterbeck geschickt an sich vorbeigleiten, nur um dann auf Hochtouren zu laufen und den verblüfften Rechtsverteidiger der Bayern hinter sich zu lassen.

Laimer versuchte schwer atmend, ihn einzuholen, doch Gittens war nicht zu fangen. Obwohl er vor Manuel Neuer im Tor stand, sauste der Linksschuss am Bayern-Keeper vorbei und ließ das Netz fast platzen.

Im Anschluss gab Gittens zu, dass ihn die Aussicht, gegen einen legendären Torhüter wie Neuer anzutreten, noch vor ein paar Jahren eingeschüchtert hätte. Doch das ist vorbei. In dieser Saison ist Gittens ein völlig anderer Spieler – selbstbewusst, gelassen und in sensationeller Form.

Tatsächlich hat er sich zu einem der formstärksten Stürmern der Welt entwickelt, weshalb er vor dem mit Spannung erwarteten Champions-League-Duell mit Barcelona am Mittwoch mit Lamine Yamal verglichen wird.

Der große Durchbruch

Gittens‘ Anfangszeit in Dortmund war alles andere als einfach. Wie viele junge Spieler kämpfte er mit Heimweh und der Herausforderung, sich an ein neues Land und eine neue Sprache anzupassen. Seine Integration wurde jedoch noch dadurch erschwert, dass er während des Lockdowns ankam, wodurch er weitgehend isoliert war und lange Zeit „im Jugendhaus auf dem Akademiecampus festsaß“.

Zusätzlich zu diesen Herausforderungen wurde Gittens durch eine Knöchelverletzung und wiederkehrende Schulterprobleme außer Gefecht gesetzt, was seine Entwicklung weiter verlangsamte.

Trotz der Rückschläge hatte Dortmund keine Zweifel an Gittens‘ Potenzial und war zuversichtlich, dass sich das Warten lohnen würde. Er gab im April 2022 sein Debüt und erzielte im August desselben Jahres sein erstes Bundesliga-Tor.

Erst nachdem Gittens die Nachwirkungen seiner Schulterverletzungen überwunden hatte, konnte er sein Talent voll zur Geltung bringen. Am 28. November 2023 lieferte er im San Siro eine herausragende Leistung ab, erzielte ein Tor und bereitete ein weiteres vor, als Dortmund mit 3:1 gegen den AC Mailand gewann und sich damit für das Achtelfinale der Champions League qualifizierte.

„Das war das perfekte Spiel für mich“, sagte Gittens in einem Interview nach dem Spiel mit der offiziellen Website der UEFA.

Wie es läuft

Vor etwas mehr als einem Jahr lobte Jude Bellingham seinen ehemaligen Dortmunder Teamkollegen Gittens als potenziellen Golden Boy-Gewinner – und jetzt sehen wir, warum.

Gittens hat sein Spiel in dieser Saison auf ein ganz neues Niveau gehoben. Nachdem er in 58 Einsätzen für Dortmund in allen Wettbewerben nur fünf Tore erzielt hatte, hat er in dieser Saison bisher in 20 Spielen neun Tore geschossen, darunter vier in seinen letzten vier Spielen.

"Es überrascht mich nicht, dass er im Eins-gegen-Eins unglaublich gut ist und einen tollen Abschluss hat", sagte Trainer Nuri Sahin kürzlich. "Aber jetzt schießt er Tore und spielt reiferen Fußball. Er ist für uns zu einem sehr wichtigen Spieler geworden."

„[Allerdings] möchte Jamie selbst den nächsten Schritt machen, und wir möchten, dass er diesen Schritt macht.“

Größte Stärken

Gittens ist der erste, der zugibt, dass er sich in der Vergangenheit zu sehr darauf konzentriert hat, seine sensationellen Fähigkeiten zur Schau zu stellen. Er war mehr daran interessiert, seine Gegner in Verlegenheit zu bringen, als seinen Teamkollegen zu helfen. Doch mittlerweile ist er genauso effizient wie unterhaltsam.

Während er durch sein Tempo schon immer eine Gefahr für die Außenverteidiger darstellte, ist er jetzt fast nicht mehr zu stoppen, wenn er einmal mit seinen Übersteigern beginnt.

Seine Gegner haben begonnen, ihn doppelt zu bedrängen, doch wie er in dieser Saison in mehreren Bundesliga- und Champions-League-Spielen gezeigt hat, scheint ihn das nicht aus der Ruhe zu bringen.

Das Ergebnis ist, wie Dortmunds Social-Media-Team hämisch betonte, ebenso unvermeidlich wie Thanos.

Raum für Verbesserungen

Die größte Sorge bei Gittens besteht darin, dass seine Schulterprobleme, die ihn seit seinem 14. Lebensjahr etwa fünf Jahre lang plagten, möglicherweise wieder auftreten könnten.

Er versichert jedoch, dass er seit der Operation an beiden Schultern keine Rückschläge mehr erlebt habe. Er konzentriert sich auch stark auf „Stabilisierungs- und Krafttraining“, um zukünftigen Problemen vorzubeugen.

Der Dortmunder Fußballlegende Paul Lambert ist aufgefallen, dass Gittens im Sommer offenbar etwas an Muskeln zugelegt hat und körperlich besser auf die Anforderungen des Profifußballs vorbereitet zu sein scheint.

Auch Trainer Nuri Sahin ist mit Gittens‘ Entwicklung in der Defensive zufrieden, vor allem nachdem es anfänglich Bedenken hinsichtlich seines Leistungstempos gegeben hatte.

"Man kann sehen, dass er als Mensch gewachsen ist", sagte Sahin am Dienstag. "Und das zeigt sich auf dem Platz. Er hat in seiner Arbeit ohne Ball große Fortschritte gemacht. Er verteidigt und presst viel besser."

Wie geht es weiter?

Gittens‘ beeindruckende Leistungen und seine Einsätze für England in verschiedenen Jugendmannschaften bis hin zur U21 haben Spekulationen über einen Wechsel zu einem Top-Klub der Premier League ausgelöst. Berichten zufolge haben Arsenal, Liverpool, Chelsea und Tottenham Interesse gezeigt. Dortmund soll seinen Wert auf rund 100 Millionen Euro (83 Millionen Pfund/106 Millionen Dollar) schätzen.

Es gibt auch Berichte, die darauf hindeuten, dass Dortmund Gittens als seinen nächsten großen Verkauf betrachtet und damit in die Fußstapfen von Ousmane Dembélé, Christian Pulisic, Jadon Sancho, Erling Haaland und Jude Bellingham tritt.

Die Botschaft des BVB ist jedoch klar: Man will Gittens auf absehbare Zeit halten, sein aktueller Vertrag läuft noch bis 2028. Der Spieler selbst ist Berichten zufolge bestrebt, dem Verein für die Unterstützung während seiner Verletzungsprobleme etwas zurückzugeben.

Wie lange er bleibt, ist noch ungewiss, aber eines ist klar: Dortmund hat erneut ein englisches Toptalent gefunden und gefördert, das in die illustren Fußstapfen von Sancho und Bellingham treten und ein Star im Signal Iduna Park werden könnte.